Du hast den Titel gelesen und fragst dich, was zur Hölle das Haigerloch ist? Bevor du die Antwort erfährst, musst du dich zunächst mit Heidelberg befassen. Gestern wachte ich in Speyer auf. Ein ereignisreicher Tag lag hinter mir, an dem ich die wunderschöne Domstadt jedoch nach meinem Empfinden genug in Beschlag genommen hatte. Also war es an der Zeit weiterzuziehen. Bevor es in Richtung meines nächsten planmäßigen Ziels auf der #TOURGERMANY20 ging, wollte ich unbedingt in Heidelberg vorbeischauen. Seit wann oder warum ich unbedingt mal dorthin wollte, kann ich gar nicht sagen. Aber irgendwie verknüpfte ich damit seit jeher eine historische Altstadt, eine großartige Burg die darüber thront und in den Straßen viele junge, coole Studenten, die Heidelberg zu einem kleinen aber feinen „Place to be“ machen. Ob das so stimmte, wollte ich also an diesem Morgen herausfinden.

Heidelberg
Blick auf Heidelberg vom Schloss aus

Das wunderschöne Heidelberg

Ich startete direkt nach dem Frühstück und traf nach etwa 30 Minuten Fahrt im Zentrum ein. Ein Parkhaus in der Nähe des Bismarckplatzes war schnell gefunden und so startete ich meine Entdeckungstour Richtung Osten durch die Altstadt. Die Entscheidung, so früh zu starten, erwies sich als goldrichtig. Die Straßen waren noch menschenleer, die Temperaturen angenehm und die hübschen Straßen mit ihren Kirchen und historischen Gebäuden quasi nur für mich da.

Heidelberg
Good morning Heidelberg

Ich schlenderte gemütlich die Hauptstraße entlang, die eigentlich einen bedeutenderen Namen verdient hätte. Restaurants und Cafes wechselten sich auf der nur für Fußgänger erlaubten Straße mit zahlreichen Geschäfte (auch wenn es vor allem die üblichen Fillialen waren) ab. Gefühlt alle 50 Meter ragte irgendwo eine bedeutende Kirche oder eine tolle Hausfassade in den Himmel, so dass sich immer wieder tolle Foto-Motive ergaben.

Am Ende der Straße erblickte ich schließlich das über der Stadt thronende Schloss Heidelberg. Nach kurzem Fußmarsch mit ordentlicher Steigung war der Haupteingang zur Schlossbesichtigung erreicht und ich genoss im Anschluss den tollen Ausblick über die Stadt. Die beeindruckende Anlage wurde leider im pfälzischen Erbfolgekrieg Ende des 17. Jahrhunderts größtenteils zerstört, so dass man heute nur noch kleinere Teile besichtigen kann. Meine Meinung: kann man machen, muss man aber nicht. Die Aussicht über die Stadt lohnt sich, aber ansonsten gibt es leider nicht mehr viel von der damaligen Pracht zu sehen.

Kulturbrauerei Heidelberg
Blick in die Kulturbrauerei Heidelberg

Wieder unten in der Stadt angekommen, ließ ich mich von meiner Nase leiten, die mich schnurstracks zu Kulturbrauerei Heidelberg führte. Hier kam ich per Zufall mit dem Eigentümer ins Gespräch, der mir die hervorragenden, lokalen Biere vorstellte. Unbedingt empfehlenswert. Im Anschluss ging es in ein nahegelegenes Café und danach schlenderte ich gemütlich weiter durch die beschauliche Altstadt, bis ich etwas später wieder an meinem Ausgangspunkt ankam, und ich mich zufrieden wieder hinter das Steuer setzte. Next Stop: Haigerloch.

„It’s my way of life!“

Ich steuerte die Autobahn an und sag kurz davor an einer Tankstelle einen jungen Mann mit einem überdimensionalen Schild stehen, der offenbar eine Mitfahrgelegenheit nach Karlsruhe suchte. Beim nächsten Ampelstop checkte ich kurz, ob das nicht ohnehin auf meiner Route lag und entschied mich kurzerhand dazu, umzudrehen um ihn mitzunehmen. Ich hatte noch nie zuvor einen Tramper mitgenommen und eine Stimme in meinem Kopf sagte „Hey du Otte, denk mal an Corona. Und an potentielle Massenmörder und so…!“ – jedoch war die Stimme aus dem Bauch deutlich lauter, die sagte: coole Aktion. Der wird sich freuen und vielleicht ergibt sich ein gutes Gespräch. Und so kam es auch.

Luca, ein 34jähriger Elektriker aus Bella Italia, war überaus dankbar, so schnell eine Mitfahrgelegenheit gefunden zu haben. Auf den folgenden 45 Minuten erzählte er mir aus seinem bewegten Leben. Er reiste seit fast 10 Jahren als Backpacker durch die Welt, ließ sich einfach treiben, blieb an den Orten die ihm gefielen und zog weiter wenn sein Bauchgefühl ihm dazu riet. So hatte er in den letzten Jahren Australien, Neuseeland, Südkorea, Japan und Indonesien gesehen, viele tolle Menschen kennenlernt und zahlrieche Jobs ausgeübt, die nicht unbedingt seiner Professionen entsprachen, aber für Essen und Unterkunft sorgten. Die Corona-Pandemie war letztlich Schuld daran, dass er früher als geplant wieder in Europa eintraf. An dem Tag an dem sich unsere Wege kreuzten, war er genau sechs Wochen in Deutschland unterwegs gewesen und hatte an jenem Morgen entschieden, dass dies genug für ihn sei. Nun wolle er in die Schweiz, nach Genf. Dort hätte er einen Freund bei einem lokalen Winzer, bei dem er arbeiten könne. Und wenn daraus letztlich doch nichts würde, wisse er schon, wohin es als nächsten gehen solle.

Eine bemerkenswerte Lebenseinstellung, dachte ich. Ich fragte ihn, wie lange er diese Lebensart  noch fortsetzen wolle und er sagte: „I don’t know yet. It’s my way of life and I will know when it’s done.“ Diese Auffassung imponierte mir. Er erzählte, dass er in all den Jahren nie einsam gewesen sei, durchaus tolle Jobs mit tollen Menschen um sich hatte, jedoch irgendwie immer wusste, dass das noch nicht das Ziel ist, das er erreichen wolle. Kurz hinter Karlsruhe trennten sich unsere Wege wieder und so ließ mich Luca mit einem Gedanken im Kopf weiterfahren: wohin führt dich eigentlich dein way of life…?

Naja, zunächst einmal nach Haigerloch und weiter zur Burg Hohenzollern

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