Wir brachen unsere Zelte im Tsitsikamma Nationalpark recht früh ab und fuhren auf der N2 wieder in Richtung Westen. Nicht das es uns dort nicht gefallen hätte, denn der Park ist definitiv einen Besuch wert, aber wer nicht gerade die mehrtägigen Wanderungen die hier starten laufen möchte, ist mit zwei Übernachtungen gut bedient. Unser Tagesziel heute hieß Oudshoorn, die Strauß-Hauptstadt Südafrikas.
Essen bei Chez Laurant in Plettenberg Bay
Vom Tsitsikamma NP aus fuhren wir an der Küste entlang durch Orte die wir schon von der Hinfahrt kannten: Knysna, Wilderness, George – doch zuerst kamen wir wieder nach Plettenberg Bay und hier hatte ich noch etwas nachzuholen: das laut Alex und Martin weltbeste Steaksandwich bei Chez Laurant futtern. Wir parkten unweit des Marktes und hatten diesmal Glück: Laurant war da und bereitete gerade seine Küche für die Mittagskunden vor. Ich bestellte zwei der legendären Steaksandwiches und durfte dem Chef dann sogar bei der Zubereitung über die Schulter schauen. Er erklärte mir ausführlich jeden einzelnen Step und freute sich sehr über mein Interesse. Deswegen hatte er offenbar auch keine Skrupel, mir nahezu sein komplettes Geheimrezept zu diktieren. „Kein Problem mein Lieber, du bekommst in Europa eh nicht alle Zutaten!“ sagte er – aber das wollen wir doch erstmal sehen mein Freund 😉 Wir vertilgten begeistert unsere Sandwiches und überschütteten den sichtlich erfreuten Franzosen mit Lob. Er ist wirklich ein cooler Typ! Wenn ihr also in der Gegend seid: schaut bei Laurant vorbei und bestellt schöne Grüße. Allerdings braucht ihr etwas Glück: Er verkauft nämlich nur genau so viele Sandwiches wie er morgens Chiabattas gebacken hat. Der Spaß ist also streng limitiert!
Wetterumschwung in den Outeniqua-Bergen
Wir setzten unsere Fahrt fort und bogen bei George in Richtung Norden ab. Ab hier ging es also weg von der sonnenverwöhnten Küste und hinein ins Inland. Zuerst mussten wir dafür die Outeniqua-Berge überwinden, einen nicht allzu hohen Mittelgebirgszug, der jedoch seine Tücken hat. Über die gut ausgebaute aber trotztdem enge Passstraße fuhren wir zügig bergauf. Kurz vor der Passspitze überraschte uns dann jedoch ein schlagartiger Wetterumschwung. Urplötzlich fanden wir uns umringt von dichten Wolken wieder – die Sichtweite sank auf 50, 20, 10 Meter ab. Unsere Geschwindigkeit mussten wir drastisch drosseln, um in den engen Kurven nicht versehentlich auf einen anderen Verkehrsteilnehmer zu prallen. Es fing an zu nieseln und durch die Lüftung kam spürbar kältere Luft. Komisch, eben hatten wir doch noch gut 30 Grad und Sonnenschein – jetzt, nur einige Kilometer weiter in den Bergen war es plötzlich verregnet und kalt. Als die Passstraße sich wieder dem Tal zuwendete und wir die dichte Wolkendecke nach und nach hinter uns ließen, öffnete sich am Fuß der Berge eine breite Ebene, die deutlich trockener und eintöniger aussah, als der Landstrich an der Küste, wo wir kurz vorher gestartet waren. Also letztlich drei unterschiedliche Klimazonen auf einer Streck von gerade mal 30 Kilometern. Verrückt. Offenbar bleiben die Wolken vom Meer kommend an den kleinen, vielleicht 500 Meter hohen Bergen hängen. Dadurch wird die Küstenseite etwas häufiger beregnet und ist somit üppig bewachsen. Hinter den Bergen breitet sich dafür eine weite Steppe aus. Und die eignet sich offenbar wunderbar für die Straußen-Zucht.
Straßenhauptstadt Oudshoorn
Nach weiteren 30 Minuten Fahrt erreichten wir Oudshoorn. Die Stadt, mit immerhin knapp 60.000 Einwohnern, wurde 1847 gegründet und ist der wichtigste Ort der „kleinen Karoo“. Und der Strauß, oder Ostrich wie er hier heißt, spielt eine ganz besondere Rolle in Oudshoorn. Zahlreiche große Farmen leben von der Zucht des größten Vogels der Erde, dessen Fleisch und Leder die Grundlage für den dominanten, wenn nicht sogar einzigen Wirtschaftszweig des Ortes bildet. Überall gibt es Souvenier- und Leder-Geschäfte, in denen Strauß-Produkte angepriesen werden… eigentlch. Denn wir hatten Sonntag und so ziemlich jeder Laden war geschlossen. Doch wir wollten ohnehin erstmal einchecken.
Etwa 8 Kilometer nördlich von Oudshoorn erreichten wir die Montana Guest Farm auf der wir liebevoll von den Besitzern Wolfgang & Dagmar in Empfang genommen wurden. Das pensionierte deutsche Ehepaar hat die ehemalige Straßenfarm vor 15 Jahren gekauft und aufwendig restauriert und erweitert. Nun bietet die wunderschöne Anlage einige schmucke Gästezimmer, Pool und ein großes Gasthaus, in dem die Besitzer jeden Abend zum gemeinsamen Essen einladen… eigentlich. Wie gesagt hatten wir heute Sonntag. Daher entfiel das gemeinsame Abendessen und wir wurden auf den Folgetag vertröstet. Dafür empfahl uns Dagmar ein Restaurant im Ort bei dem sie gerne einen Tisch für uns reservierte. Da wir bei einer anschließenden Rundfahrt durch die Stadt keine bemerkenswerten Highlights mehr ausmachen konnten, begaben wir uns ohne größere Verzögerung in den Black Swarn, wo wir erneut hervorragend aßen.
Cango Caves, Straußenfarm-Besichtigung oder Victoria Bay?
Am nächsten Morgen wachten wir bei strahlendem Sonnenschein auf und legten uns während des üppigen Frühstücks auf der Terrasse unsere Tagesplanungen zurecht. Dank unserer Reiseführer wusste wir, dass unweit unseres Standortes die berühmten Cango Caves lockten. Das riesige Höhlensystemen wird zu den schönsten der Welt gezählt und kann in einer 60 oder 90 minütigen Wanderung in großen Teilen durchlaufen werden. Oder wir hätten die gegenüberliegende Straußenfarm besichtigen können, was uns beiden aber wenig interessant erschien (der nicht eben schöne Riesenvogel ist einfach nicht unser tierischer Favorit hier in Südafrika, sorry!). Lydia wollte viel lieber die Sonne am Strand genießen und wenn man mal ehrlich ist: bis jetzt hatten wir noch nicht soooo viel Ruhezeit am Strand 😉 Also steuerten wir im Anschluss den nächstgelegenen Strand an: Victoria Bay.
Leider hatten wir unsere Rechnung jedoch nicht mit dem Wetter gemacht. Genau wie auf der Hinfahrt überraschte uns in den Outeniqua-Bergen eine Wolkenfront und auch im dahinter liegenden George brach die Wolkendecke nicht mehr auf. Auch als wir nach gut einer Stunde Fahrtzeit in der wunderschönen Victoria Bay angekommen waren, hatte sich das Wetter nicht meklich verbessert. Trotzdem spazierten wir entlang der Bucht, an der sich einige wunderschöne Bed&Breakfast Häuser aneinanderreihen und schauten den Sufern beim Ritt auf den Wellen zu. Für die ist „Vic Bay“ übrigens ein besonders beliebter Anlaufpunkt. Im Anschluss legten wir uns noch etwas an den Strand um zu lesen und traten dann wieder die Heimfahrt an. Und, wer hätte es geahnt, hinter den Outeniqua-Bergen strahlte uns auch wieder die Sonne ins Gesicht.
Karusa Vineyard
Die mussten wir ausnutzen. Also stellten wir unseren Wagen wieder auf der Guest Farm ab und spazierten über die angrenzenden Feldwege. Eher durch Zufall endteckten wir ein verschlafenes kleines Café, das versteckt hinter einem wunderschönen Garten liegt. Zwar stand auf einem kleinen Schild, dass „open“ sei, wir entdeckten aber weder Gäste noch einen richtigen Eingang. Nach einigem Suchen fanden wir aber eine freundliche Angestellte und die bot uns einen Platz im Garten und die Karte an. Wir bestellten zwei hervorragende Milchshakes und danach eine Kleinigkeit zu essen, genossen die Ruhe und die Sonne und bewunderte die vielen Blumen auf dem vorbildlich gepflegten Grundstück. Dann spazierten wir weiter und erreichten ein Weingrut, das zum „Wine & Craftbeer Tasting“ einlud. Genau das wonach ich gesucht hatte 😉 Hinter den Wirtschaftsgebäuden erreichten wir das kleine aber feine Verkostungslokal des Karusa Vineyard, des einzigen Weingutes in Oudshoorn. Ich testete einige Rotweine, die jedoch allesamt kein Top-Ranking erhielten, und wollte mich dann am hauseigenen IPA versuchen. Genau das war jedoch an diesem Tag ausverkauft. Schade, nächstes mal!
Abendessen auf der Montana Guest Farm
Am Abend waren wir dann bei Wolfgang und Dagmar zum Abendessen geladen. Um 18:30 Uhr begrüßte uns der Herr des Hauses mit einem Gläschen Sekt, bei dem uns auch die anderen Gäste vorgestellt wurden. Wie wir erfuhren, senkten wir den Altersdurchschnitt drastisch, denn neben uns waren vornehmlich Damen und Herren aus Norddeutschland auf der Guestfarm untergebracht, die die 60 bereits vor geraumer Zeit überschitten hatten und zu deren Lieblingsbeschäftigung das Reisen gehörte. Wir nahmen an der großen Tafel Platz und genossen – natürlich – bestes Staußen-Filet. Bei Wein und Kerzenschein ergab sich ein toller, kommunikativer Abend, bei dem wir allerlei Interessantes von den beiden Farm-Besitzern erfuhren. Sie berichteten uns, was sie hierher verschlagen hatte, von der Anfangszeit in Südafrika, Komplikationen mit den hier dominierenden Buren, Erfahrungen mit Land und Leuten, mit Armut und sozialem Engagement. Trotz des Altersunterschieds war es ein großartiger Abend, den wir wirklich sehr genossen. Daher an dieser Stelle nochmal ein herzliches Dankeschön für die familiäre Atmotsphäre und die tolle Gastfreundschaft.