Wow – was für eine Tour! Definitiv das Highlight auf unserer bisherigen Reise! Um 11:00 Uhr machten wir uns auf den Weg zum Prekestolen, einem DER Sightseeing-Hotspots in Norwegen. Und das nicht ohne Grund. Der Prekestolen (oder Preikestolen) ist ein imposanter Felsvorsprung, geschaffen von eiszeitlichen Gletschern, der in beeindruckender Fjordkulisse spektakuläre 604 Meter lotrecht abfällt. Wo sich die übrige Felskulisse in sanfte, etwa 900m hohe Hügel unterteilt, die steil zum Fjord hin abfallen, bildet der „Predigerstuhl“ mit seinen scharfen Kanten, die das fast quadratische, 25×25 Meter große Felsplateau umreißen, einen auffälligen Kontrast. Die Aussicht von dort oben auf den traumhaften Lysefjord ist atemraubend…

Doch die Wanderung zu dieser Aussicht, verlangt dem enthusiastischen Touristen einiges ab. Vom noch recht wenig frequentierten Parkplatz ging es hinein in den Wald. Der Weg war in unserm Reiseführer als „völlig problemlos“ beschrieben, ein Trugschluss wie sich später herausstellen sollte. Der Großteil der Strecke führte uns schon kurz hinter der Waldgrenze über steile Geröllpfade und noch steilere, enge Wege, die in anderen europäischen Ländern entweder gesperrt oder nur mit Guide zugänglich wären. In der Schweiz etwa, habe ich so etwas abenteuerlich ungesichertes noch nicht gesehen. Umso verwunderlicher, wie sich das sehr internationale Wanderpublikum auf den Weg machte: Vom chinesischen Mädchen in Stiefeln mit Absatz, über Venezolaner in komplettem Landesfarben-Dress bis hin zu mäßig rüstigen Senioren mit auffällig brandneu-weißen Markensportschuhen, war so ziemlich jedes Genre vertreten. Besserwisserische Deutsche und martial-coole Russen jedoch in der Überzahl. Insgesamt war unser Startzeitpunkt eher suboptimal gewählt, denn diese bunte Masse wollte sich praktisch zeitgleich mit uns auf den Weg machen.

So ging es Stunde um Stunde bergauf. Die Aussicht auf den weit ins Landesinnere reichenden Lysefjord wurde immer beeindruckender und oben auf dem Plateau, kurz vor dem Ziel, eröffnete sich uns ein Panorama das seines gleichen sucht. Was den Schweizer Alpen ihre 4000er, sind den Norwegern ihre Fjorde. Einfach beeindruckend wie die kargen Felswände mehrere hundert Meter senkrecht bis in die Ausläufer der Nordsee abfallen…

Lysefjord / Prekestolen
Nach einer anstrengenden Wanderung über Stock und Stein hat man vom Prekestolen eine atemberaubende Aussicht auf den Lysefjord

 

Der Pfad wurde nun zu unserem Erstaunen immer schmaler und führte auf den letzten gut 400 Metern DIREKT an der Felskante entlang – und das größtenteils ungesichert! Definitiv nichts für Leute mit Höhenangst!!! Doch hatte man die letzten Meter erstmal bewältigt, kam man in eine unerwartete Szenerie zwischen Freibad-Athmo, Basejumpfeeling und Todesangst. Hier wurde gegrillt und gescherzt und dort gezittert. Mutige wagten sich ohne langes Zögern direkt bis an die Felskante (das muss ich euch auf Fotos zeigen damit ihr es glaubt) und posierten in waghalsiger Manier nur wenige Zentimeter vor dem unwirklichen Abhang.

Prekestolen
Nichts für schwache Nerve: der Prekestolen, Rogaland, Norwegen

Wir hielten uns dezent zurück, beobachteten das interessante Publikum und stiegen nach einer kurzen Stipvisite auf dem Prekestolen-Plateu noch ein Stockwerk höher. Von hier hat man einen noch krasseren aber weitaus weniger viel frequentierten Blick, den wir auf zahllosen Fotos verewigten.

Nach gut einer Stunde machten wir und an den beschwerlichen Abstieg und nach gut einem Drittel der „völlig problemlosen“ Strecke, schwebte plötzlich ein Rettungshubschrauber über uns. Zuerst dachten wir uns nichts weiter, als sich kurze Zeit später aber die Menschen auf dem Pfad stauten, wurde uns doch etwas mulmig. Am Rande des etwa 7 Meter breiten Geröllfeldes, das steil Richtung Tal unseren Weg markierte, war ein junger Mann verunglückt. Seine Freundin stand aufgelöst am Unglücksort, während mehrere Personen dem offenbar unter einem Felsblock Eingeklemmten zu helfen versuchten. Was genau geschehen war konnten wir jedoch nicht erkennen und helfen war auch nicht möglich. Da der arme Kerl aber wohl nicht lebensbedrohlich verletzt und bei Bewusstsein war und die Rettungshelfer bereits auf dem Weg, wollten wir unseren Weg schnell fortsetzen. Das war allerdings aufgrund massenhaft gaffender Menschen unmöglich. Erst als zwei ältere Herren den Personenverkehr regelten, kam die Masse wieder voran. So setzten wir unseren Weg mit leicht wackeligen Beinen fort und kamen gegen Nachmittag wieder am Camper an.

Nach einem aufregenden Tag sitzen wir nun am Preikestolen Campingplatz, verdauen die zahlreichen Eindrücke des Tages bei einem wohlverdienten Feierabendbier und bestem Sonnenwetter. Morgen geht’s dann Richtung Eidfjord. Prost!

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